Pflicht, Plattenbau und Persona: Wenn das Ich zur Systemeinheit wird


Was bleibt vom Menschen, wenn er nur noch gebraucht wird? Individuum oder Massenware

OpenAI

In Moskau, Tscherjomuschki dreht sich nicht nur um Wohnungsknappheit und Korruption, sondern um etwas Tiefergehendes, das über das konkrete Thema hinausgeht: die systematische Entwertung des Individuums.

Die Figuren dieser Operette – ob bunt, komisch oder tragisch – konfrontieren alle die gleiche Realität: Ihr persönlicher Wert hängt davon ab, wie sehr sie dem System dienen. Ihre Träume, Eigenheiten und Würde? Nur relevant, wenn sie dem Zweck dienen, sonst nicht.

Der Kranführer, der Funktionär, der Schlehmil, die Idealistin: Sie alle sind Teil eines Systems, das nicht das Individuum schützt, sondern es nutzt – und sofort ersetzt, wenn es nicht mehr passt.

Selbst die Hoffnung wird in dieser Welt funktionalisiert. Der Gedanke an Fortschritt, beispielsweise durch neue Wohnungen, dient nur als Fassade, während dahinter Zynismus und Angst herrschen. Wer diese Fassade durchschaut, muss dennoch mitspielen, um zu überleben.

Die Operette ist in ihrer Form unterhaltsam, ironisch und musikalisch verspielt. Doch sie enthüllt einen düsteren Kern: die systematische Entmenschlichung der Menschen, während man ihnen vorgaukelt, Teil von etwas Größerem zu sein.

Gerade in der heutigen Zeit, in der Systemkritik in Russland und anderswo wieder gefährlich ist, bleibt die Operette erschreckend relevant. Loyalität wird belohnt, Eigenständigkeit bestraft.

Die zentrale Frage des Stücks lautet:

Wann hört ein Mensch auf, Mensch zu sein – und wird nur noch eine Funktion?


Kommende Woche beginnt die Endprobenphase und ich freue mich schon jetzt auf die Aufführungen – es wird ein starkes Stückl!

Aufführungen: 30. April, 2., 3., 5., 6., 8. Mai, 19 Uhr, HMT Leipzig.

Besetzung:

  • Bubenzow – Joshua Geddes
  • Masha – Ana Gvozdenović
  • Lidotschka – Halldóra Ósk Helgadóttir
  • Baburov Semyon Semyonovich – Bruno Szabó
  • Boris Korezki – Elie Valdenaire
  • Sergej Gluschkow – Taras Semenov
  • Liusia – Isabelle Serafin
  • Fjodor Michailowitsch Drebednjow – Lucas Reis
  • Vava – Victoria Grilz
  • Afanassi Iwanowitsch Barabaschkin – Valentin Schneider

Künstlerisches Team:

  • Musikalische Leitung: Matthias Foremny
  • Regie: Beverly Blankenship
  • Bühnenbild & Kostüme: Barbara Schiffner
  • Choreographie: Claudio Valentim Filho

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